Die Perspektive einer Geschichte ist sehr entscheidend, denn daraus ergibt sich, worüber Sie tatsächlich in Ihrem Buch schreiben können und was eventuell den Horizont des Erzählers überschreitet. Um Ihre Geschichte möglichst gut und authentisch erzählen zu können, sollten Sie sich also darüber im Klaren sein, was der Erzähler weiß und wirklich wissen kann.
Welche Erzählperspektiven gibt es?
Folgende Erzählperspektiven sind allgemein bekannt:
- Auktorialer Erzähler (auch allwissender Erzähler genannt)
- Personaler Erzähler
- Ich-Erzähler
- Neutraler Erzähler
Der Auktoriale Erzähler
Diese Erzählperspektive wird auch oft als allwissender Erzähler bezeichnet, da er die gesamte Geschichte kennt und betrachtet. Er weiß, welche Gefühle die Figuren haben, kann ihre Gedanken lesen und ist dabei aber nicht selbst Teil der fiktiven Welt. Obwohl er also alles weiß, schaut er von außen auf die Geschichte in der sogenannten Außenperspektive.
Ein großer Vorteil des auktorialen Erzählers ist, dass man problemlos in die Vergangenheit springen oder Andeutungen zur Zukunft geben kann. Als Personalpronomen wird “er” oder “sie” verwendet.
Beispiel für den Auktorialen Erzähler:
Mit langsamen Schritten näherte sich Lena der Schule. Sie fühlte sich nicht gut, ihr Magen grummelte und sie ahnte, dass es kein guter Morgen werden würde. Doch sie wusste noch nicht, dass nicht der Morgen, sondern der Abend Unheil bringen würde.
Der Personale Erzähler
Der Personale Erzähler kennt im Gegensatz zum auktorialen Erzähler nur die Innenperspektive der Geschichte. Er schwebt nicht über den Dingen und kann auch nicht in andere Menschen hineinsehen (außer sie schreiben über einen Gedankenleser). Als einer der Charaktere in der Geschichte, kann er Mutmaßungen anstellen, kennt aber nicht die Außenperspektive und weiß auch nicht, was in der Zukunft passiert. Wenn er über die Vergangenheit spricht, dann kann er nur seine eigene Vergangenheit wiedergeben.
In einer Geschichte kann es mehrere personale Erzähler, um verschiedene Perspektiven zu geben. Das verwendete Personalpronomen ist hier ebenfalls “er” oder “sie”.
Beispiel für den Personalen Erzähler:
Lenas Füße fühlten sich schwer an, während sie sich langsam der Schule näherte. Sie fühlte, wie Ihr Magen verrückt spielte und ahnte, dass es kein guter Morgen werden würde. Doch Sie freute sich bereits auf den Abend, an dem sie sich mit Ihrer besten Freundin treffen wollte.
Der Ich-Erzähler
Wenn Sie nur aus der Sicht des Erzählers berichten, aber noch tiefer in die Figur einsteigen wollen, dann können Sie den Ich-Erzähler wählen. Wie beim Personalen Erzähler, ist die Sicht eingeschränkt und es wird das Personalpronomen “ich” verwendet. Vorteil dieser Perspektive ist, dass sich Leser oft noch stärker mit dem Charakter identifizieren können. Über die Vergangenheit berichtend, kann der Ich-Erzähler auch als Auktorialer Erzähler auftreten.
Beispiel für den Ich-Erzähler:
Ich ging die Straße entlang und mein Magen grummelte ohne Unterlass. Die Schule kann ich schon sehen, das wird kein guter Morgen. Hoffentlich überstehe ich das alles bis heute abend, denn das Treffen mit Annika ist mein Lichtblick.
Der Neutrale Erzähler
Wie auch der Auktoriale Erzähler betrachtet der Neutrale Erzähler die Geschichte von außen. Jedoch gibt dieser keine Wertungen ab, kennt die Gedanken der Figuren nicht und berichtet nur darüber, was passiert. Diese Erzählperspektive eignet sich besonders gut für Dialoge. Es werden wieder die Personalpronomen “er” und “sie” verwendet.
Beispiel für den Neutralen Erzähler:
Sie ging die Straße entlang und näherte sich der Schule. Zögerlich blickte sie auf das Gebäude, krümmte sich plötzlich und hielt sich an einer Straßenlaterne fest. Scharf sog sie die Luft durch die Zähne ein, richtete sich auf, ließ die Straßenlaterne los und marschierte auf die Schule zu.
Wie wähle ich die richtige Erzählperspektive aus?
Denken Sie zuerst darüber nach, wie Ihre Geschichte aufgebaut sein soll und wo Sie Einschränkungen vermeiden möchten. Wählen Sie z.B. ein Kind als Ich-Erzähler, dann schränken Sie die Perspektive stark ein und müssen sich darüber bewusst sein, dass es Dinge anders wahrnimmt als ein Erwachsener. Hier sind ein paar Denkanregungen, die Ihnen vielleicht bei der Auswahl helfen:
Soll man etwas über die Gedanken und Gefühle der Hauptfigur erfahren?
Dann wählen Sie den Auktorialen Erzähler, den Ich-Erzähler oder den Personalen Erzähler.
Sollen die Gedanken und Gefühle aller Figuren zugänglich sein?
Dann ist der Auktoriale Erzähler geeignet.
Möchten Sie auch mal in die Vergangenheit springen können oder Andeutungen zur Zukunft machen?
Auch hier ist der Auktoriale Erzähler möglich. Wenn Ihnen die Einschränkungen nichts ausmachen und sie auf die Zukunftsandeutungen verzichten, dann können Sie auch den Personalen Erzähler oder den Ich-Erzähler wählen.
Dürfen sich Einschränkungen ergeben?
Die erwähnten Einschränkungen können auch als Stilmittel genutzt werden und eine Geschichte besonders spannend und interessant machen. Der Leser muss nicht immer alles sofort wissen.
Möchten Sie, dass man sich besonders gut in die Figur hineinversetzen kann?
Dann ist der Ich-Erzähler eine gute Wahl.
Wählen Sie eine Perspektive, mit der Sie sich wohl fühlen!
Oft ist es bei Erzählperspektiven so, dass einem die eine mehr liegt, als die andere. Sie müssen sich natürlich auch mit der Perspektive wohl fühlen, damit Sie im Schreibprozess nicht ins Stocken geraten. Wenn Sie trotzdem eine Schreibblockade ereilt, dann lesen Sie in unserem Blogbeitrag “Schreibblockade überwinden”, wie Sie schnell wieder produktiv werden. Und nun viel Spaß beim Schreiben!