Viele Autoren fragen sich, ob es ein allgemein gültiges Grundgerüst für einen erfolgreichen Roman gibt. Die Antwort lautet ja! Indem Sie eine spannende Heldenreise schreiben, haben Sie bereits die Grundlage für Ihr späteres Werk geschaffen. Die Entwicklung dieser Struktur geht auf einen bekannten Forscher namens Joseph Campbell zurück. Er hat zahlreiche Werke und auch Mythen aus unterschiedlichen Regionen der Welt betrachtet und sie einander gegenüber gestellt. Er fand heraus, dass Geschichten und Erlebnisse unabhängig von der Herkunft immer wieder aufs Neue vorkommen. In seinem Buch „The Hero with a Thousand Faces“ erläuterte er diese „Heldenreise“ genauer und machte damit klar, welches Muster jede einzelne Geschichte im Roman hat.

 

Die Stationen der Heldenreise – so nutzen Sie sie für Ihr Buch

 

Bleiben wir bei Joseph Campbell, ohne den wir das Gerüst der Heldenreise vermutlich immer noch nicht entdeckt hätten. Die Reise besteht aus verschiedenen „Haltestellen“, die bei der Struktur eines Romanes eine Rolle spielen. Sie müssen nicht jede einzelne Station in Ihren neuen Roman integrieren, finden durch die einzelnen Punkte aber eine wertvolle Orientierung. Die nachfolgende Aufzählung beinhaltet die Stationen, die laut Joseph Campbell und dem Buchautoren Christopher Vogler auf nahezu jede Geschichte zutreffen:

 

  • Die gewöhnliche Welt: Stellen Sie die Welt Ihres Helden vor, bevor die Abenteuer beginnen. Zeigen Sie das normale Leben der Hauptfigur und erläutern Sie seine persönliche Situation.
  • Der Ruf zum Abenteuer: Konfrontieren Sie den Helden mit einem Problem, einem Abenteuer oder einer Herausforderung.
  • Die Weigerung des Rufes: Lassen Sie den Held zögern oder eine verweigernde Haltung einnehmen. Er möchte das Abenteuer nicht sofort annehmen.
  • Begegnung mit dem Mentor: Nehmen Sie das Schicksal zur Hilfe, einen übernatürlichen Freund oder einen Mentor, der dem Helden dabei hilft, das Abenteuer anzunehmen.
  • Überschreiten der ersten Schwelle: Der Held macht sich auf den Weg und übertritt die erste Grenze in die Welt des Abenteuers.
  • Prüfungen, Verbündete und Feinde: Lassen Sie Ihren Helden auf Hindernisse und Herausforderungen stoßen. Stellen Sie seine Verbündeten und seine Feinde vor, geben Ihnen Raum im Buch.
  • Annäherung an die innerste Höhle: Gehen Sie mit Ihrem Helden Schritt für Schritt auf den Kern der Gefahr zu und bringen ihn an den Höhepunkt des Abenteuers.
  • Die entscheidende Prüfung: Ihr Held steht nun vor der größten Herausforderung seiner Reise. Sorgen Sie dafür, dass er seine Ängste und Befürchtungen überwindet, immerhin ist er ein Held.
  • Die Belohnung: Nachdem Ihr Held die Prüfung bestanden hat, wird er reich belohnt oder erhält einen Schatz.
  • Der Weg ins Leben: Jedes Abenteuer endet einmal und Ihr Held kehrt nun zurück in die normale Welt. Auch dabei wird er wieder mit Herausforderungen konfrontiert.
  • Die Auferstehung: Wieder muss Ihr Held zeigen, was er kann. Um die neuesten Hürden zu überwinden, wird ihm noch einmal alles abverlangt.
  • Rückkehr mit dem Elixier: Er kehrt zurück in seine gewohnte Welt und hat etwas dabei, das sein Leben oder gar die ganze Welt verbessern wird.

 

Die Stationen der Heldenreise – so nutzen Sie sie für Ihr Buch
Die Stationen der Heldenreise – so nutzen Sie sie für Ihr Buch

 

Die wichtigsten Praxistipps: Eine erfolgreiche Heldenreise schreiben

 

Sind Sie in Gedanken gerade alle Bücher durchgegangen, die Sie schon einmal gelesen haben? Ist Ihnen aufgefallen, wie viele der Punkte wirklich auf Heldengeschichten zutreffen? Keine Sorge, Sie müssen sich nicht Punkt für Punkt vorarbeiten, um eine perfekte Heldenreise zu schreiben. Lassen Sie einzelne Stationen aus oder überspringen Sie Abteilungen, das macht gar nichts. So muss Ihr Held am Ende nicht noch einmal in einen Konflikt geraten, sondern kann auch direkt mit dem Elixier nach Hause kommen. Wir haben hier ein paar Beispiele für Sie zusammengefasst, wie eine Heldenreise in der Praxis aussehen könnte:

Der Beginn in der normalen Welt – die ersten beiden Stationen

 

Beginnen Sie Ihren Roman mit Ihrem Helden und stellen Sie ihn dem Leser vor. An dieser Station vermitteln Sie die Grundcharakterzüge der Hauptfigur, sorgen für Sympathie und zeigen, dass es Abenteuerbedarf gibt. Möchten Sie sich kürzer fassen, leiten Sie direkt die zweite Station, den sogenannten Auslöser ein. Stellen Sie schriftlich dar, was Ihre Hauptfigur aus dem Alltag reißt und warum sie handeln muss. Dabei muss es sich nicht um eine Invasion von Aliens handeln, die eine Heldentat benötigen. Auch im Liebesroman kann es eine Heldenreise geben, wenn der Protagonist eine außergewöhnliche Begegnung hat.

 

Das Ziel der Reise und die vielen Hürden dazwischen

 

Nachdem der Leser Ihren Charakter kennengelernt hat und weiß, wie sein normales Leben aussieht, begleiten Sie ihn nun in Richtung Ziel. Definieren Sie klar, wo der Held eigentlich hinkommen möchte. Es ist klar, dass das Ziel nicht in greifbarer Nähe ist, sondern zwischendrin jede Menge Herausforderungen warten. Genau das macht den Reiz Ihrer Geschichte aus. Um einmal weg von den Gedanken an Spiderman und andere namhafte Helden zu kommen, hier wieder ein kleines Beispiel. Eine Frau trifft ihren Traummann, möchte aber eigentlich keine Beziehung. Sie trifft sich trotzdem mit ihm und stellt fest, dass er ein ganzes Paket von Problemen mit sich trägt. Die gilt es zu bearbeiten, bevor am Ende das Happy End wartet. Ein Roman, der mit diesem Konzept sehr erfolgreich war, ist Fifty Shades of Grey. Haben Sie ihn gelesen? Dann versuchen Sie einmal Anastasias und Christians Heldenreise abzubilden, Sie werden die einzelnen Stationen erkennen.

Tipp: Die Station der Katastrophe sollten Sie während der Heldenreise nicht auslassen, denn die braucht es für die große Spannung. Bringen Sie Ihren Helden an einen Ort der Finsternis, wo es scheinbar kein Entrinnen gibt. Hier ist Zeit für den Wendepunkt, an dem es plötzlich wieder bergauf geht.

 

Das Ziel der Reise und die vielen Hürden dazwischen
Das Ziel der Reise und die vielen Hürden dazwischen

 

Die Wende der Heldenreise – hier geht es in die richtige Richtung

 

Bei einer klassischen Heldenreise verwenden Sie keine unvorhersehbaren Wendungen, sondern führen den Helden zu einem ganz logischen Ziel hin. Der Leser weiß im Vorfeld, dass das Pärchen trotz aller Schwierigkeiten zusammenfinden und sich lieben wird. Lassen Sie Ihren Helden dafür hart arbeiten, auf einer echten Heldenreise gibt es nichts geschenkt. Nur wenn Ihr Charakter leidet, sich entwickelt und aktiv kämpft, darf er sein Happy End am Ende mit den Lesern zusammen genießen.

Reißen Sie Ihre Leser nicht abrupt aus der Geschichte. Im Liebespaarbeispiel beenden Sie den Roman nicht direkt am Hochzeitstag. Jeder, der die Heldenreise begleitet hat, wird eine gewisse Bindung zur Figur aufgebaut haben. Geben Sie den Lesern die Zeit, sich im „neuen Leben“ der Hauptfigur zurechtzufinden. Berichten Sie bei unserem heldenhaften Pärchen ein wenig aus dem Alltag oder werfen Sie einen Blick in die Zukunft. Auch das hat die Autorin von Fifty Shades of Grey übrigens sehr intelligent ans Ende der Romanreihe gesetzt. Sie gibt einen Ausblick, wie Christian und Anastasia Jahre nach dem letzten Kapitel des Buches zusammenleben und glücklich sind. Zeit für den Leser, sich jetzt zu verabschieden.

 

Fazit: Spannende Heldenreise schreiben – Probieren Sie es aus

Sie müssen nicht exakt nach den Punkten von Joseph Campbell vorgehen, um Ihre Buchfigur auf eine Reise zu schicken. Sehen Sie sich die verschiedenen Haltestellen der Heldenreise an und schreiben Sie Punkte auf, an denen Sie ankommen möchten. Planen Sie die Geschichte bereits im Kopf, bevor Sie sich an die endgültige Arbeit machen. Manchen Autoren hilft es, wenn sie im Vorfeld bereits eine Art Kurzgeschichte entwerfen und daraus schließlich ihren Roman entstehen lassen.

Author

2 comments

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *